Viele Bauherren sind durch die anhaltende Dämmstoffdiskussion verunsichert. Bei der Vielzahl an Dämmstoffen, die es auf dem Markt gibt, fällt eine Entscheidung für das passende Material oft schwer. Im Gespräch mit dem Experten Dipl.-Ing. (FH) Raphael Fligge fragen wir, worauf Bauherren bei der Wahl des Dämmstoffes achten sollten und  welche Kriterien dabei besonders wichtig sind.
Gesprächspartner: Dipl.-Ing. (FH) Raphael Fligge Beratender Ingenieur
Warum ist die Wahl des Dämmstoffes so wichtig?
Anhand welcher Kriterien sollten Modernisierer ihre Materialien auswählen?
Wirkt sich die Wahl der Materialien auch auf die Qualität der Innenraumluft aus?
Vor allem sogenannte Wärmedämmverbundsysteme mit Hartschaumdämmung befinden sich zurzeit in der Kritik. Welche Probleme gibt es mit diesem Material?
Was muss beim Einbau einer Wärmedämmung beachtet werden, damit sie die gewünschte Energieeinsparung erzielt?
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Das eingesetzte Dämmmaterial bestimmt in mehrfacher Weise die technischen Eigenschaften eines Bauteils. An erster Stelle ist hier die wärmedämmende Eigenschaft zu nennen. Sie ist zu unterscheiden in einen winterlichen Wärmeschutz und einen sommerlichen Wärmeschutz. Vorrangig kommt bei der Auswahl die Wärmeleitfähigkeit eines Materials in Sachen winterlicher Wärmeschutz zum Tragen. In Kombination mit der Dämmschichtdicke lässt sich der sogenannte U-Wert als Kenngröße für den Wärmedurchgang festlegen. Es gilt: je kleiner der U-Wert desto geringer der Wärmeverlust. Darüber hinaus hat die Auswahl aber auch Auswirkungen auf z.B. Brandschutz, Schallschutz, Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeit, Druckfestigkeit.
Eine Auswahl in Hinblick auf den winterlichen Wärmeschutz kann für einen Dämmstoff wie folgt aussehen: 1. Welches Bauteil oder welche Konstruktion soll gedämmt werden? 2. Welcher U-Wert soll oder muss erreicht werden? Ich denke hier an Förderprogramme, die oftmals das Erreichen konkreter Werte fordern. 3. Wieviel Dämmschichtdicke kann konstruktiv vorgesehen werden? 4. Welche Gesichtspunkte sind sonst noch von Interesse, wie z.B. Brandschutz oder Nachhaltigkeit? 5. Und nicht zuletzt, was darf das Ganze kosten? VakuumIsolationsPaneele ist z.B. als Dämmung sehr effektiv, aber eben auch sehr teuer.
Dämmstoffe werden in der Regel auf der Außenseite angeordnet und haben normalerweise nur geringen Einfluss auf die Innenraumluft. Eine Innendämmung ist dagegen anspruchsvoll in Planung und Ausführung. Hier ist es elementar wichtig, sich detaillierte Gedanken auch bei der Auswahl des Dämmstoffes zu machen. Dämmstoffe können z.B. positiv auf der Feuchtehaushalt der Innenraumluft einwirken. So werden kurze Feuchtespitzen aufgefangen und zeitlich verzögert wieder an die Raumluft abgegeben. Schafwolle kann sogar noch mehr: Luftschadstoffe werden langfristig gebunden und so wird die Qualität nachhaltig verbessert.
Katastrophen führen immer dazu, dass Diskussionen angeschoben werden, um Vorkehrungen zu treffen oder Missstände zu beseitigen. Im Fall von Hartschaum-, EPS- oder Polystyroldämmung führten verschiedene Brandereignisse zu einer Hinterfragung der Umstände. Nicht zuletzt ist hier sicher die tragische Brandkatastrophe in einem Londoner Hochhaus mit vielen Opfern zu nennen. Nachweislich führte dort ein falsch eingesetzter Dämmstoff zu diesem dramatischen Brandverlauf. Diesen Dämmstoffen ist eins gemein: sie bestehen aus Erdöl und sind somit ohne Schutzmaßnahmen brennbar. Beim Einsatz im Bauwesen gilt es nun, Maßnahmen gegen ein Entstehen oder Ausbreiten von Bränden zu treffen. Wir als Planer müssen diese Maßnahmen, die durch baurechtliche Gesetze, DIN-Normen und Herstellervorgaben definiert sind, umsetzen. Dann entstehen keine Probleme und der Einsatz dieser Materialien ist richtig und sicher.
Über die Auswahl des Dämmmaterials haben wir ja schon gesprochen, diese ist der erste Schritt in Richtung einer erfolgreichen Baumaßnahme. Aber noch wichtiger ist der korrekte Einbau des Dämmstoffes samt aller sich anschließenden Schichten. Ich denke hier besonders an den Oberputz bei einem Wärmedämmverbundsystem oder der luftdichten Ebene bei einem Dachausbau. Der häufigste Auslöser eines Bauschadens ist Feuchtigkeit, und das gilt auch hinsichtlich der Dämmwirkung. Was passiert, wenn sie in nasser Kleidung im Winter draußen stehen? Sie fangen innerhalb kurzer Zeit stark an frieren, da Feuchtigkeit Wärme sehr gut leitet. Deshalb gilt: Dämmstoffe müssen trocken bleiben, um ihre volle Dämmwirkung zu entfalten.
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