Wohnen ohne herkömmliche Heizung – dafür stehen
Passivhäuser. Viele Bauherren stehen dem Passivhaus jedoch
skeptisch gegenüber.
Wir haben den Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Topp, einem Experten
für die Planung und Errichtung von Passivhäusern, zu
Hintergründen und seinen praktischen Erfahrungen befragt.
Interviewpartner:
Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Topp
Beratender Ingenieur
Herr Topp, bitte beschreiben Sie das grundsätzliche
Konzept, das hinter Passivhäusern steht.
Stichwort thermische Behaglichkeit – was kann man sich
darunter vorstellen?
Manche sehen den reduzierten Frischluftstrom kritisch,
meinen im Passivhaus sei es muffig. Was sind Ihre
Erfahrungen?
Warum ist die Errichtung von Passivhäusern hinsichtlich
Klimaschutz erstrebenswert?
Wie profitieren Bauherren vom einem Passivhaus?
caleo - Beratende Ingenieure
Fligge - Tilgner - Topp PartGmbB
Ein Passivhaus zeichnet sich auf der einen Seite durch
eine hocheffiziente Wärmedämmung der Wände, Fenster,
Dach und Bodenplatte und auf der anderen Seite durch
eine Maximierung der passiven solaren Wärmegewinne aus.
Schon in der Planung werden die Fensterflächen so
optimiert, dass auch in den Wintermonaten die
Sonneneinstrahlung so groß ist, dass die sogenannten
solaren Wärmegewinne das Haus heizen können. Und
damit die so gewonnene Wärmeenergie im Raum am
Abend auch noch erhalten bleibt, wird das Gebäude so
hocheffizient gedämmt. Außerdem erhält jedes Passivhaus
ein kontrollierte Wohnraumlüftung mit einer
Wärmerückgewinnung. Anstatt also die Wärme beim Lüften
über die Fenster einfach nach draußen entweichen zu
lassen, werden mit der Wärmerückgewinnung über 90%
dieser Lüftungswärmeverluste in das Haus zurückgeführt.
Ganz ohne Heizung funktioniert ein Passivhaus leider
nicht. Um an trüben, sonnenlosen Wintertagen nicht frieren
zu müssen, wird eine Heizung installiert, deren
Energieverbrauch aber minimal ist.
Nicht nur die Raumlufttemperatur ist entscheidend für die
thermische Behaglichkeit, also das Wohlbefinden - sondern
auch die Temperatur auf den Wandoberflächen. Bei einer
zu hohen Temperaturdifferenz zwischen Raumluft- und
Wandoberflächentemperatur wird der Raum, selbst bei
hohen Lufttemperaturen; als unangenehm kühl empfunden.
Durch den hohen Dämmstandard im Passivhaus erzielen
wir automatisch auch hohe Temperaturen an den
Wandoberflächen und schaffen einen behaglichen Raum.
Das kann ich nicht bestätigen. Jedes Passivhaus verfügt
über eine kontrollierte Zu- und Abluftanlage, die bei richtiger
Auslegung und Installation durch den Handwerker genau
die nötige Frischluftmenge liefert, die wir für ein gutes
Raumklima benötigen.
Es stimmt, dass im Passivhaus die Luftmengen gegenüber
der üblichen Berechnung für Neubauten etwas reduziert
werden. Dies geschieht aber aus gutem Grund: Bei der
Berechnung nach DIN hat sich gezeigt, dass aufgrund von
zu hohen Frischluftströmen im Winter die Luft zu trocken
wird.
Ein Passivhaus verbraucht 90% weniger Heizenergie als
der Durchschnitt aller Gebäude in Deutschland und immer
noch 75% weniger als ein durchschnittlicher Neubau.
Wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen, dürfen
wir uns nicht nur über effiziente Energiesysteme Gedanken
machen, sondern müssen auch daran arbeiten unseren
Energieverbrauch drastisch zu reduzieren. Mit einem
Passivhaus gelingt dies schon heute.
Neben der schon erwähnten thermischen Behaglichkeit
profitieren die Bauherren vor allem von den niedrigen
Heizkosten. Sie bauen aber auch ein High-End-Haus,
welches in seiner technischen Ausstattung und dem
Wärmeschutzniveau dem herkömmlichen Neubau weit
voraus ist. Sie werden auch in vielen Jahren noch ein
Haus bewohnen, welches technisch seiner Zeit voraus
sein wird und investieren somit in die Zukunft. Die
Wertbeständigkeit eines Passivhauses liegt höher als
bei einem herkömmlichen Neubau.